Tages-Anzeiger vom 16.04.2004

Baregg-Unfall: Retter behindert

Die Feuerwehr musste abgeschlossene Autos wegschieben, um am Mittwoch zum Brand im Tunnel fahren zu können.

Um 14.03 Uhr ging bei den Feuerwehren von Baden und Wettingen der Alarm ein, dass Unfallautos im Bareggtunnel brannten. Bereits 25 Minuten später hatten sie das Feuer gelöscht. Die Feuerwehren wären wohl noch schneller gewesen, hätten ihnen nicht verlassene und abgeschlossene Autos im Tunnel den Weg versperrt. Die Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr Wettingen, die vom Ostportal her kam, umfuhren diese umständlich. Etwa 20 verschlossene Wagen standen so ungünstig, dass die Feuerwehrleute sie wegschieben mussten. «Wir haben dadurch etwa sieben Minuten verloren», sagte gestern der Kommandant der Stützpunktfeuerwehr Wettingen, Markus Widmer. Die Feuerwehr von Baden drang von Westen her zum Unfall vor. Sie musste sich zwar gegen Rauch und Hitze durchkämpfen, hatte aber keinen versperrten Zugang.

Die Polizei hatte nach dem Unfall über das Tunnelradio (Kanäle DRS und Argovia) und die Tunnellautsprecher sofort durchgegeben, wie sich die Lenker im Tunnel verhalten sollten. Richtig wäre, eine Gasse für die Rettungsfahrzeuge frei zu machen, das Fahrzeug zu verlassen, den Schlüssel stecken zu lassen und sich in Sicherheit zu bringen. Dass dies nicht optimal klappte, hatte wohl verschiedene Gründe. «Hören die Leute, es brenne im Tunnel, denken viele sofort an den schweren Unfall im Gotthard», sagt Widmer. «Sie fliehen verängstigt und nehmen die Anweisungen nicht mehr wahr.» Max Suter, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, ergänzt, es sei ein natürlicher Reflex, das Auto abzuschliessen, wenn man es verlasse. Das propagiere die Polizei auch, um Diebstähle zu verhindern: «In einem solchen Fall muss man aber auf Grund der Sicherheit über seinen Schatten springen und den Schlüssel zurücklassen.» Erschwerend kam hinzu, dass die Durchsagen über die Tunnellautsprecher im Baulärm in der benachbarten Tunnelröhre untergingen oder sich überschlugen.

Bei den nachfolgenden Autolenkern brach zwar keine Panik aus. Viele waren aber verwirrt, weil sie nicht wussten, was geschehen war. Sie kritisierten, Feuerwehr und Polizei hätten sie früher betreuen müssen. «Da muss ich an die Eigenverantwortung der Leute appellieren», hält Toni Suter, Kommandant der Stützpunktfeuerwehr Baden, dem entgegen. Die Feuerwehr löschte zuerst den Brand. Erst in einer zweiten Phase konnte sie sich um die Personen kümmern, die nicht in den Unfall verwickelt waren. Kurz nachdem der Brand gelöscht war, forderte die Feuerwehr die Autolenker auf, zu ihren Fahrzeugen zurückzukehren.

Opfer identifiziert Wie die Kantonspolizei Aargau gestern mitteilte, ist beim Unfall eine 52-jährige Frau aus dem Bezirk Baden getötet worden. Von den fünf Verletzten befand sich gestern noch eine Person im Spital. Die getötete Frau hatte ihren Jeep Cherokee angehalten, nachdem es wegen einer Autopanne weiter vorne im Tunnel zu einem Stau gekommen war. Kurz darauf prallte ein Tankwagen auf einen Lastwagen, der hinter dem Jeep stand. Dieser zermalmte den Jeep unter sich (TA von gestern). Laut Polizeisprecher Woodtli kam es zum Stau, weil ein Auto einen Motorenschaden hatte und nicht mehr weiterkam.

Die Polizei sucht den Chauffeur eines grünen Tankwagens, der sich hinter dem Pannenfahrzeug befand; das Heck sei leicht beschädigt. Fahrzeuglenker, die zur Zeit des Unfalls auf der mittleren oder der Überholspur gefahren sind und Angaben über den Unfall machen können, sind gebeten, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen (062 886 88 88). Im Bareggtunnel sollen heute Freitag ab 5 Uhr wieder alle Spuren für den Verkehr freigegeben werden. (dh/DS)