2. September 2004: Zwei Tote nach Raserunfall

 

  Bericht Tele M1

Radio Argovia 1

Radio Argovia 2

Bericht  von Alois Felber in der AZ vom 4. September 2004

Zwei Tote bei Sturz in Kiesgrube

Würenlos Dem Unfall ging ein Rennen voraus - ein Schwerverletzter wurde geborgen

Ein Auto ist in die etwa 50 Meter tiefe Kiesgrube zwischen Wettingen und Würenlos gestürzt. Ein Insasse überlebte. Zwei starben. Ein Todesopfer fand man erst Stunden später.

Donnerstagabend, gegen 23 Uhr: Vor dem Dancing Black Jack in Wettingen herrscht ein Kommen und Gehen. Autos fahren zu und weg - einige davon «ziemlich schnell». Wie eine Gruppe junger Leute später berichtet, brausen drei Autos, ein roter Fiat Uno, ein schwarzer Mercedes und vermutlich ein dunkler BMW 850, mit horrendem Tempo auf der Tägerhardstrasse Richtung Würenlos. Momente später hören Passanten vom Gebiet der Kiesgrube Würenlos einen lauten Knall und die Polizei erhält einen Anruf, dass dort anscheinend ein Auto von der Industriestrasse abgekommen sei.

Ohne direkten Zeugen des Unfalls zu begegnen, müssen Polizei und Rettungssanität die dunkle Kiesgrube zunächst zu Fuss erkunden, finden darin aber tatsächlich das völlig zertrümmerte Wrack des Mercedes. Das Auto ist links von der Strasse abgekommen und rund 50 Meter tief auf den Grund der Grube gestürzt. Den 18-jährigen Lenker finden die Rettungskräfte tot neben dem Wagen. Der 17-jährige Beifahrer ist darin eingeklemmt. Er lebt und ist ansprechbar. «Wir haben gestaunt», sagt Markus Widmer, Feuerwehrkommandant von Wettingen. Seine Leute bergen den Schwerverletzten. Die Rega fliegt ihn ins Kantonsspital Aarau.

Zweites Opfer am Morgen geborgen

Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob noch ein zweites Auto oder weitere Personen irgendwo in der Kiesgrube liegen. Feuerwehr und Polizei leuchten deshalb die Grube aus und durchsuchen das Unterholz. Dabei finden sie aber nichts. Von den allfällig weiteren am Unfall beteiligten Autos fehlt jede Spur. Weil die Verunfallten laut den Angehörigen zu zweit unterwegs waren, wird die Suche abgebrochen.

Am Freitagmorgen dann die tragische Erkenntnis: Es hat noch ein zweites Unfallopfer gegeben. Um 7.30 Uhr wird in Wettingen eine Vermisstmeldung aufgegeben. Beim neuerlichen Absuchen des Geländes bei Tageslicht wird dann die Leiche eines weiteren 18-jährigen Mannes, etwa 50 Meter vom Fundort des Autos entfernt, oberhalb der Kiesgrubenwand im Unterholz gefunden. Er sei aus dem Fahrzeug geschleudert worden, gegen einen Baum geprallt und sofort tot gewesen, teilt die Kantonspolizei mit. Die Feuerwehr muss den Toten mit einer Seilwinde aus der unzugänglichen Böschung bergen.

Was die Besucher des «Black Jack», die ebenfalls zur Unfallstelle eilten, in der Nacht erst vermuten, bestätigt sich ebenfalls an diesem Morgen: Es sind gute Freunde, die bei dem Unfall starben. Die aus Serbien-Montenegro stämmigen Jugendlichen, wovon einer Schweizer war, gehörten zu einer Wettinger Hip-Hop-Gruppe. Die «Wettinger West Side» wollte heute am Sommerfest der Jugendarbeit Wettingen einen selbst produzierten Videoclip präsentieren. Das Fest wurde abgesagt.

Jugendliche diskutieren Raserei

«Die Stimmung bei uns ist katastrophal», sagt einer der Jugendlichen, die zur Unfallstelle geeilt waren. Es sei hart. Er selbst habe schon vor zwei Jahren seinen besten Kollegen bei einem Autounfall verloren. Das Problem der Raserei werde bei ihnen viel diskutiert. Warum es dennoch gerade zu diesem Unfall kommen musste, kann er sich nur schwer erklären. Der Verunfallte sei eigentlich nicht dafür bekannt gewesen, zu schnell zu fahren. Er hatte seinen Führerausweis erst seit kurzem und sass am Steuer des Autos seines Vaters.

Ob das Auto als Folge einer Kollision oder von selbst von der Strasse geriet, ist noch nicht klar. Die ansonsten schnurgerade Industriestrasse beschreibt vor der Kiesgrube ein S und durchläuft eine Senke. Versuche haben laut Feuerwehrkommandant Widmer ergeben, dass Autos dort ab etwa 120 km/h instabil werden und «abheben» können.

Am Tag danach hat sich bereits die Strassenopfer-Vereinigung RoadCross zum Unfall zu Wort gemeldet und ein hartes Durchgreifen bei jugendlichen Rasern gefordert. Autofahrer, die sich auf öffentlichen Strassen Rennen liefern, seien nicht auf Fahrlässigkeit sondern auf Eventualvorsatz zu verklagen.